Zum Valentinstag – für alle Liebenden!

Zum Valentinstag – für alle Liebenden!

Guter Gott, Du Gott des Lebens
und Quelle jeder Liebe,
Wir sehnen uns danach,
dass unsere Liebe lebendig bleibt
auf unserem gemeinsamen Weg.
Auf diesem Weg wollen wir uns treu bleiben
Und den Zauber des Anfangs bewahren
Als kostbares Geschenk aus Deiner Hand.
Wirke in uns,
damit wir die Zärtlichkeit nicht vergessen,
dankbar bleiben für die Schönheit des Anderen,
und das Staunen über seine Einzigartigkeit.
Denn Du hast ihn wunderbar geschaffen.
In ihm begegnen wir Dir.

(Aus „Der Liebe Raum geben“ – Schönstatt-Familienbewegung,
Verlag Butzon u. Bercker 1997)

Teelöffel voller Sand dazutun

Teelöffel voller Sand dazutun

Ich glaube ganz ehrlich, dass die Zukunft aus
Millionen Kleinigkeiten besteht, die uns retten werden.
Ich stelle mir eine große Wippe vor und am Ende dieser
Wippe hängt ein halbvoller Korb mit Steinen drin.
Das andere Ende der Wippe ist hoch in der Luft.
Dort hängt ein zu einem Viertel gefüllter Korb mit Sand.
Und einige von uns haben einen Teelöffel in der Hand
und versuchen, den Sand im Korb aufzufüllen.
Viele Leute lachen uns aus und sagen:
„Ach, Leute wie ihr versuchen das seit Tausenden von Jahren
und der Sand läuft ebenso schnell wieder raus, wie ihr ihn rein tut.“
Aber wir sagen: „Wir Leute mit Teelöffeln in der Hand werden immer mehr.“
Und wir denken: „In ein paar Jahren werdet ihr sehen,
dass die ganze Wippe, zupp, in eine andere Richtung geht.“
Und die Leute werden sagen: „Himmel, wie ist das so plötzlich passiert?“
Wir und alle unsere kleinen Teelöffel.
Stimmt allerdings, wir müssen weiterhin Sand einfüllen,
denn, wenn wir nicht weiterhin Teelöffel voller Sand dazutun,
wird er auslaufen und die Steine werden wieder nach unten sausen.
Wer weiß?

(Peter Seeger)

Jugend von heute – besser als ihr Ruf?

Jugend von heute – besser als ihr Ruf?

„Keiner von uns ist einzig für sich auf der Welt, er ist auch für alle anderen da.“
(Gregor von Nazianz, um 320-390)

Sicherlich hat jeder von uns zumindest innerlich schon mal über die Jugend von heute gestöhnt. Früher war alles anders oder gar besser.

Heute möchte ich meine Erfahrung der letzten Woche mit Ihnen teilen. Ich war fünf Tage mit Sternsingern von Haus zu Haus unterwegs und bin tief beeindruckt von dem sozialen Engagement unserer Kinder und Jugendlichen. Das soll die Generation sein, die ihre Zeit hauptsächlich mit Handys, Computern und Fernsehen verbringt? Dem möchte ich energisch widersprechen. Ohne zu murren trafen alle jeden Tag pünktlich ein, um sich Königsgewänder anzuziehen, was übrigens ab einem gewissen Alter auch recht peinlich sein kann und gingen in kleinen Gruppen los, um Kornwestheimer Haushalten den Segen zu bringen und Spenden für notleidende Kinder in aller Welt zu sammeln.

Wann habe ich persönlich das letzte Mal fünf Urlaubstage am Stück „geopfert“, um karitativ tätig zu sein? Wenn ich ganz ehrlich bin, noch nie. Immerhin waren Ferien, der Urlaub der Schüler. Die Zeit, die eigentlich zum Faulenzen einlädt, um auszuschlafen und um die Weihnachtsgeschenke zu bespielen.

Aber nicht so unsere Sternsinger. Sie liefen die meisten Strecken zu Fuß, besuchten Familien und alleinstehende Menschen, gingen in alle Seniorenresidenzen der Stadt. Manchmal froren sie, weil ein strenger Wind wehte, sie wurden nass, weil es nieselte, dann wieder schwitzten sie wegen der warmen Klamotten in beheizten Wohnzimmern. Sie standen vor verschlossenen Türen, weil die Leute nicht mit ihnen rechneten, waren sie doch in Coronazeiten nicht unterwegs. Aber meistens wurden sie freudig begrüßt und es wurde auch mal eine Träne der Rührung vergossen, wenn die Kinder sangen „Am Himmel strahlt ein Stern“.

Und sie taten das aus einer Motivation heraus. Sie wollten Kindern in Indonesien und weltweit ein besseres Leben ermöglichen. In diesem Jahr war das Motto Kinder stärken – Kinder schützen. Es ging um Kinderrechte. Nach der Aktion habe ich mir vorgenommen, Kinder zu unterstützen, diese Rechte auch einzufordern.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass 33 Kinder nicht repräsentativ sind. Aber trotzdem: das ist für mich gelebte Nächstenliebe und gelebter Glaube. Etwas für andere tun und dafür die eigene Bequemlichkeit für ein paar Stunden am Tag aufgeben. Auf diese Jugend kann man wirklich stolz sein.

Manuela Paflitschek, Pastorale Mitarbeiterin

Gebet  für Kinder

Gebet für Kinder

Herr des Lebens, wir danken dir unendlich für das Wunder,
das du im Mutterleib webst.
Wir danken dir für die Kinder,
die für uns Ausdruck deiner Freude und Zärtlichkeit sind.
Wir wollen, dass es ihnen gut geht.
Deshalb werden wir sie ihr ganzes Leben lang beschützen,
denn ihr Leben ist heilig.
Wir bitten dich, dass unsere Kinder glücklich sein mögen,
so wie du selbst es dir für sie wünschst.
Wir bitten dich, dass wir ihnen ein gesundes, glückliches
und friedliches Leben geben können –
im Mutterleib, Zuhause, in der Schule, auf den Straßen,
in der Kirche, an jedem Ort.
Gib uns Kraft, um die Lebensqualität auf unserem Planeten zu verbessern.
Gib uns Kraft, um eine würdige und gerechte Gesellschaft aufzubauen,
die die Kinder liebt und ihre Rechte vom Mutterleib an garantiert.
Wir bitten dich, dass sie Muttermilch, geeignete Nahrung, sauberes Wasser,
Impfungen, gute Bildung, ein angemessenes Zuhause, Schutz, Liebe und
Entwicklungschancen erhalten.
Hilf uns zu verhindern, dass Kindern heute Gewalt angetan wird,
dass sie ausgebeutet oder zur Zwangsarbeit gezwungen werden.
Hilf uns zu verhindern, dass sie in den Drogenkonsum einsteigen
oder aufgrund vermeidbarer Faktoren sterben.
Lass sie Schulen haben, um zu lernen, und sichere Orte, um zu spielen.
Du bist unsere Kraft.
Und diese Kraft treibt uns an, eine Welt zu erschaffen,
in der Kinder Leben und Leben in Fülle haben.

(Das Gebet wurde von der Kleinkind-Pastoral adaptiert.
Das Original stammt vom „Red Global de Religiones a favor de la Niñez”.)

Gedanken zu Lk 21,5-19

Gedanken zu Lk 21,5-19

 

„Ihr werdet das Leben gewinnen“, so endete unser Evangelium: „Ihr werdet das Leben gewinnen.“ Ein gewagter Satz nach der Beschreibung all der Kriege, Nöte, Untergangsszenarien, die zuvor im Evangelium selbst geschildert werden.

 

Solche Sätze müssen vor dem Hintergrund derzeitiger Kriege auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht werden, – vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, zerstörter Städte, mit denen zuvor noch wirtschaftlich gut zusammengearbeitet wurde, von Massengräbern, in denen Menschen liegen, die zuvor noch Einkaufsbummel machten, Gefangenenlager, wo gefoltert wird, tausender Toter, die zuvor noch friedlich ihre Einkäufe machten und in ihren Familien lebten. „Ihr werdet das Leben gewinnen“, ein gewagter Satz.

 

Vor kurzem erhielt der Ukrainer Serhij Zhadan den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. In seiner Dankesrede sagte er bedeutsame Worte zu unserer Thematik. Er fragte: „Warum werden die Ukrainer so oft hellhörig, wenn europäische Intellektuelle und Politiker den Frieden zu einer Notwendigkeit erklären? Nicht etwa, weil sie die Notwendigkeit des Friedens verneinen, sondern aus dem Wissen heraus, dass Frieden nicht eintritt, wenn das Opfer der Aggressionen die Waffen niederlegt. Die Zivilbevölkerung in Butscha und anderen Orten hatte überhaupt keine Waffen, was die Menschen nicht vor einem furchtbaren Tod bewahrt hat.

Wenn wir jetzt, im Angesicht dieses blutigen, dramatischen Krieges, über Frieden sprechen, wollen einige eine simple Tatsache nicht zur Kenntnis nehmen: Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Und wenn manche Europäer den Ukrainern ihre Weigerung, sich zu ergeben, fast schon als Ausdruck von Militarismus anlasten, tun sie etwas Merkwürdiges. Beim Versuch, in ihrer Komfortzone zu bleiben, überschreiten sie umstandslos die Grenzen der Ethik. Appelle an Menschen zu richten, die ihr Leben verteidigen, ist für den einen oder anderen eine ziemlich bequeme Form, die Verantwortung abzuschieben. Vielleicht müssten die Europäer weniger Geld für Energie ausgeben, wenn die Ukrainer kapitulierten, aber wie würden sich die Menschen in Europa fühlen, wenn sie sich bewusst machen, dass sie ihr warmes Zuhause mit vernichteten Existenzen und zerstörten Häusern erkauft haben, die auch in einem friedlichen und ruhigen Land leben wollten.“

Man muss dieser Meinung nicht in allem zustimmen, aber eines wird deutlich, dass es auf unsere Erde immer Auseinandersetzungen um Besitz, Karrieren, Macht oder niedrigste Instinkte geben wird.

Der Vorsatz zu unserem zitierten Satz „Ihr werdet das Leben gewinnen“, lautet: „wenn ihr standhaft bleibt.“ Wen die Auseinandersetzungen in der Welt gleichgültig lassen, wer nur sein Schäfchen ins Trockene bringen möchte, wird das Leben nicht gewinnen. Wie wir auf die Auseinandersetzungen reagieren, ist eine andere Frage. Darauf können die Antworten auch sehr verschieden sein, aber Antworten müssen gegeben werden oder in Auseinandersetzungen erst gewonnen werden.

Den Anhängern Jesu werden hier erschreckende Bilder auf den Weg gegeben, Bilder, die dann in der Christenverfolgung Wirklichkeit wurden. „Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen. …  Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten.“

Angesicht eines solchen Szenarios ist man schnell dabei, – und wird dabei auch das Verständnis seiner Umgebung gewinnen können, die Waffen zu strecken, um des lieben Friedens willen, sei es des eigenen Friedens, sei es des Friedens generell.

Aber nur wer standhaft bleibt, wird das Leben gewinnen. Dieses Standhaftbleiben, meint keineswegs selber zu Waffen greifen zu müssen. Es bedeutet vielmehr, seine gewonnene Überzeugung zu leben. So wird man das Leben gewinnen. In der Nachfolge Jesu heißt dies immer auch bereit sein, sein Leben aufs Spiel zu setzen, anstatt andere zu vernichten. Dies ist dann die spezifisch jesuanische Ethik, die allerdings weit entfernt von einer Ratschlagskultur aus dem friedlichen Nest heraus ist, die im Gegenteil aktiven Einsatz an kritischen Orten verlangt, denn genau das tat Jesus. Er ging nach Jerusalem in die Höhle des Löwen, um auch dort zu seinem Leben zu stehen.

 

Als Jesus die Worte dieses Evangeliums sprach, stand er inmitten des herrlichen Tempels von Jerusalem. Unter diesem Dach sprach er die gehörten Worte: „Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird.“ Eine gewagte Rede, denn der Tempel galt als Garant der jüdischen Bevölkerung und ihres Glaubens.

Die Standhaftigkeit an sich ist Gewinn von Leben, Passivität hat schon immer das Leben verloren.

Vor gar nicht so langer Zeit hatte der US-amerikanische Politwissenschaftler Francis Fukuyama, nach dem Fall des Eisernen Vorhanges, ein Buch mit dem Titel: „Das Ende der Geschichte“ veröffentlicht. Darin meinte er: Das nunmehr siegreiche Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sei offenkundig das Beste. Etwas prinzipiell Neues sei nicht mehr zu erwarten, auch gar nicht zu wünschen.

 

Da ist das heutige Evangelium mit seinem Schreckensszenario doch etwas näher an der Realität dran.

Die Aussage und Ermunterung Jesu: „Ihr werdet leben“ hatte natürlich sein unhinterfragtes Vertrauen in Gott, als dem Herrn der Welt. Wenn die Herren dieser Welt gehen müssen, wenn Kriege Leben und Städte zerstört haben, steht nicht der Untergang bevor, sondern die Begegnung mit dem Herrn der Welt selbst. Am oder im Ende steht nicht Zusammenbruch, sondern Begegnung.

So endete auch die gehörte Lesung: „Für euch aber, die ihr meinen Namen ehrt, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung.“

 

Im Letzten kommt es auf unser Leben an. Es ist entscheidend, ob wir es gegen das Leben lebten, indem wir es hinter Karriere, Leistung, Reichtum, Egoismen versteckten oder inwiefern wir zu unserer Berufung fanden und diese mit aller Lebendigkeit lebten, nicht nur auf uns selbst bezogen, sondern im Fadenkreuz der ganzen Welt. „Für euch, die ihr meinen Namen ehrt, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung.“

 

Franz Nagler, Pfarrer

Die Spur des Menschen

Die Spur des Menschen

Die Spur des Menschen – wo beginnt sie?
Woher kommen wir? Wohin gehen wir?
Die Spur des Menschen
Ist DEINE Spur in der Welt.
Du legst sie für uns und begleitest uns,
durchwanderst mit uns Geschichte und Leben
und bleibst doch verhüllt.
Wir begegnen Dir tausendfach,
ohne Dich zu erkennen,
messen Dich mit menschlichem Maß,
ohne Dich je zu ermessen.

Wie sollen wir Dein Geheimnis ergründen?
Nicht eins unserer Bilder wird Dir gerecht.

Uns ergänzend als Mann und als Frau
glauben wir, Dein Abbild zu sein,
erahnen die Ur-Form, nach der wir gebildet:
vielfältig und einzig zugleich.

Wir fühlen ins uns Deinen göttlichen Funken,
Deinen Geist, der uns hilft,
unser Dasein zu deuten,
der uns führt, der uns treibt, der uns drängt,
Deine Gaben in uns zu entfalten.

Wir folgen tastend der Spur,
die Du für uns legst.
Voll Zuversicht.
Denn sie führt uns zu Dir.

(Gisela Baltes)

GEDANKEN ZU LK 11-19

Hans Magnus Enzensberger schrieb ein Gedicht mit dem Titel: „Empfänger unbekannt“. Darin zählt er auf, was ihn dankbar sein lässt:

„Vielen Dank für die Wolken.
Vielen Dank für das wohltemperierte Klavier
und, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.
Vielen Dank für mein sonderbares Gehirn
und für allerhand andere verborgene Organe,
für die Luft, und natürlich für den Bordeaux. …
Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,
für die Zahl e und für das Koffein,
und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,
gemalt von Chardin, sowie für den Schlaf,
für den Schlaf ganz besonders,
und, damit ich es nicht vergesse,
für den Anfang und das Ende
und die paar Minuten dazwischen
inständigen Dank,
meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.“

Für all das dankt er, aber der Empfänger des Dankes ist ihm abhandengekommen. Und tatsächlich, danken kann nicht jeder. Kindern wird oft gesagt: „danke“ für ein Geschenk zu sagen, – das geht noch, aber, wenn´s ums Ganze geht, um unser Leben, um Vertrauen, um Liebe, Vergebung – wem da danken? Wenn man aber für das Leben nicht mehr danken kann, dann verflacht es. Wie soll man sagen: Ist halt so? Oder Glück gehabt? Auf dieser Ebene läuft vieles ab.
Wie ist es jedoch, wenn wir gegenüber dem ganz „Anderen“ Gott, danke sagen können. Gewinnt da das Leben nicht eine ganz andere Tiefe und Schönheit?

Damit sind wir mittendrin im soeben gehörten Evangelium. Jesus befindet sich in einem Grenzgebiet, zwischen Samarien und Galiläa. Es geht in dieser Begebenheit um eine Grenzerfahrung, wie etwas so ganz anders verlaufen kann. In diesem Grenzgebiet kommen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie scheinen ihn gekannt zu haben, denn schon aus der Ferne schreien sie: „Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!“ Interessant ist noch, dass die Heilung dann nicht an Ort und Stelle geschieht. Sie müssen sich auf den Weg machen. Sich auf den Weg machen bedeutet immer auch Zeit zum Nachdenken zu haben. Denken Sie nur an die vielen Wallfahrten, die ja oft unternommen werden, um aus der Hektik herauszukommen und gehend zur Besinnung zu kommen. Auf diesem Weg gesunden alle zehn.

Neun von ihnen sind einfach mit heiler Haut davongekommen, aber einem ging die Heilung unter die Haut, ausgerechnet einem Außenseiter, einem Samaritaner. Die anderen neun hatten bekommen, was sie suchten. So schnell wie möglich wollten sie sich wieder in ihr altes Umfeld einfügen.
Eigentlich hätte an dieser Stelle die Erzählung enden können. Wenn Lukas hier weitererzählt, dann hat dies seinen Grund. Die neun Geheilten kehrten wieder in ihr altes Leben zurück. Sie hatten bekommen, was sie wollten. Ihr Leben wird sich nicht groß verändert haben. Sie waren froh wieder dazuzugehören.

Zur Zeit des Lukas hatten sich schon einige christliche Gemeinden gegründet und es folgte die Zeit der Konsolidation. Die Anfangsbegeisterung war abgeflacht. Man versuchte sich einzurichten.

Wenn da nicht dieser eine, dieser Samariter, gewesen wäre, der einen ganz anderen Weg ging, der sich so ganz neu von diesem Jesus ansprechen ließ, der nicht einfach wieder dazugehören wollte, der das Wunder begriff, das an ihm geschah. „Er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm.“
Da haben wir wieder dieses Wort: „danke“. Er dankt Gott für das Wunder, das er erfahren hatte. Er hatte eine Adresse, an wen er sich wenden konnte. Kein Empfänger unbekannt, sondern ein Empfänger, der sich ihm als rettender Gott vertraut gemacht hatte.
So ist es nur folgerichtig, wenn Jesus von den neun Geheilten sagt, dass sie rein geworden seien, während er von dem Samariter sagt, dass er gerettet worden sei: „Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“

An diesem Punkt dürfen wir uns fragen: Ist uns die Anerkennung für die täglichen Wunder verloren gegangen? Das Leben an sich ist uns schließlich geschenkt. Niemand hat sich selbst gemacht und da reicht auch kein Dank an die Eltern, da gilt es dem ganz „Anderen“ zu danken, nicht nur für das Leben, sondern, dass die Nähe zu ihm, immer wieder und neu Heilung bedeutet.
Oder haben wir uns einfach eingewöhnt, ohne das Rettende in unserem Glauben noch wahrnehmen zu können? Oder weitergefragt: Sind wir zufrieden, wenn wir bekommen haben, was wir wollten – die Kommunion, die Firmung, die Lebensmittel vom Tafelladen, den Geburtstagsbesuch usw., aber mehr wollen wir auch nicht?

Lukas hatte auf seine Gemeinden eine scharfe Beobachtungsgabe und so verlängerte er diese Erzählung, um den Samariter als ein Beispiel hinzustellen. Das hatte er schon einmal getan, als er Jesus die Geschichte vom barmherzigen Samariter erzählen lässt.

„Preise den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! Der dir all deine Schuld vergibt und all deine Gebrechen heilt, der dein Leben vor dem Untergang rettet und dich mit Huld und Erbarmen krönt, der dich dein Leben lang mit Gaben sättigt, wie dem Adler wird dir die Jugend erneuert“, betet der Psalm 103.

Als der Samariter Gott lobt und Gott dankt, da steht im Text das griechische Wort, das wir alle kennen: „eucharistoon“. Das Wort weist auf das, was wir gerade feiern, auf die Eucharistie, hin. Jeden Sonntag oder Samstag kommen wir zusammen, um Gott zu danken, dem ganz „Anderen“ zu danken, Empfänger nicht unbekannt, bekannt, in dem Maße wie er sich bekannt macht, indem er uns seine heilende Gegenwart schenkt.

„Lasst uns danken, dem Herrn unserem Gott“, beten wir als Eingangsdialog zur
Präfation. Ja, wir haben Grund zu danken. Vielleicht gelingt es Ihnen jeden Tag am Abend zurückzublicken, nicht nur die dunklen Punkte zu sehen, sondern die Lichtblicke wahrzunehmen und Gott dafür zu danken.

Vielleicht ist heute vieles zu komplex geworden, Menschen sehen sich in Zwänge eingespannt und sehen keinen Grund mehr zu danken, wem auch? – dem Chef, der mir den Lohn zahlt, aber den habe ich mir verdient und außerdem ist es zu wenig. Wenn in solchem Rahmen das Leben abläuft, dann wundern die vielen Erkrankungen in unserer Gesellschaft nicht.

Das gehörte Evangelium verweist uns auf einen anderen Weg. Deshalb sind wir auch hier, um nicht wie die Neun einfach in den Alltag zurückzukehren, sondern einfach und schlicht Gott zu danken. Empfänger bekannt.
(FN)

Der den Tod auf Hiroshima warf

Der den Tod auf Hiroshima warf

Der den Tod auf Hiroshima warf
Ging ins Kloster, läutet dort die Glocken.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Sprang vom Stuhl in die Schlinge, erwürgte sich.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Fiel in Wahnsinn, wehrt Gespenster ab
Hunderttausend, die ihn angehen nächtlich,
Auferstandene aus Staub für ihn.

Nichts von alledem ist wahr.
Erst vor kurzem sah ich ihn
Im Garten seines Hauses vor der Stadt.
Die Hecken waren noch jung und die Rosenbüsche zierlich.
Das wächst nicht so schnell, dass sich einer verbergen könnte
Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen war
Das nackte Vorstadthaus, die junge Frau
Die neben ihm stand im Blumenkleid
Das kleine Mädchen an ihrer Hand
Der Knabe, der auf seinem Rücken saß
Und über seinem Kopf die Peitsche schwang.
Sehr gut erkennbar war er selbst
Vierbeinig auf dem Grasplatz, das Gesicht
Verzerrt von Lachen, weil der Photograph
Hinter der Hecke stand, das Auge der Welt.

Marie Luise Kaschnitz

Gebet der ökumenischen Friedensdekade

Friedliebender Gott,
wir haben uns hier versammelt,
während in einigen Ländern dieser Erde Bomben fallen
und Menschen sterben.
Das macht uns fassungslos.
Worte fehlen.
Unsere Kraft ist zu klein.
Wir fühlen uns hilflos, wütend und ohnmächtig.
Darum sind wir hier:
Gemeinsam treten wir vor dich, Gott.
Was uns Angst macht,
das bringen wir zu dir.
Sieh, was uns bewegt,
sieh unsere Sorgen.
Gegen all die Gewalt, die Not,
Gott, sei du uns Zuversicht und Stärke.
Lass unter uns den Zusammen: Halt gegen alles Trennende wachsen,
damit wir zurecht als deine Kinder eine Weltgemeinschaft
bilden können.
So bitten wir im Namen Jesu Christi,
der uns Bruder und Herr geworden ist.
Amen.

GEDANKEN ZU LK 10,38-42 (GEN 18,1-10A)

Letzten Sonntag hörten wir noch die Stelle vom barmherzigen Samariter mit der Aufforderung: „Geh und handle genauso!“, heute, direkt in Folge dieser Erzählung, die Geschichte der beiden Frauen Maria und Marta mit dem Wort Jesu: „Maria hat den guten Teil gewählt“ und das auf eine Person bezogen, die nichts tat, sondern einfach zu Füßen Jesu seinen Worten lauschte.

Hören und Handeln scheinen bei Jesus zwei gleichgewichtige Rollen zu spielen. Die beiden Erzählungen wurden ja eingeleitet durch die Frage eines Schriftgelehrten nach dem Weg zum ewigen Leben, nach dem wichtigsten Gebot, mit der Aufforderung zur Gottes- und Nächstenliebe.
Die beiden Szenen spielen sich an zwei sehr verschiedenen Orten ab, das eine Mal auf dem Weg beim Unterwegs sein, das zweite Mal in einem Haus, dem Haus der Maria und Marta.

Es hat die Jesusbewegung von Anfang an ausgezeichnet, dass sie sich auf zwei Pfeiler stützte. Auf der einen Seite die Gruppe der bettelarmen Wandergruppe, die mit Jesus unterwegs war, die ihren Besitz und ihre familiären Bindungen aufgegeben hatte. Auf der anderen Seite die Gruppe derer, die sesshaft und eher wohlhabend waren, die die Jesusbewegung unterstützten, ihnen Unterkunft und Verpflegung bereitstellten.
Zu ihnen gehörte sicher das Haus der Marta und Maria, denen hier eine einprägsame Szene gewidmet wird. Marta tritt hier als Hausherrin auf, Maria als Gesprächspartnerin. Beide übernehmen die Aufgaben eines männlichen Hausvorstandes, zwei selbstständige Frauen, die ihr Haus in eigener Regie verwalten. Dies spiegelt wahrscheinlich die tatsächlichen Verhältnisse von damals wider. Ohne den Einsatz und die Unterstützung selbstbewusster Frauen wäre die frühchristliche Mission nicht weit gekommen. Wahrscheinlich wurde das Haus der Marta und Maria nach dem Tod Jesu auch zu einer christlichen Hausgemeinschaft, wo sich die Gemeinde zum Mahl versammelte.

Das Verhalten beider Frauen zeugt von großem Selbstbewusstsein. Der Name Marta bedeutet: „Hausherrin“ und was sie tut, wird mit dem griechischen Wort „Diakonia“ wiedergegeben.
Maria sitzt zu Füßen Jesu, was der Studierhaltung der damaligen Schüler entsprach und nur männlichen Schülern vorbehalten war. Im Verhalten dieser beiden Frauen kommt das selbstbewusste Neue der Jesusbewegung zum Ausdruck.
Dennoch wird das Verhalten dieser beiden Frauen hier unterschiedlich gewichtet, wobei Marta ins Hintertreffen gerät, nicht so sehr, weil Hören wichtiger wäre als Tun, sondern weil sie in dem Sinne übergriffig wird, als sie ihre Schwester Maria vor den Leuten bloßstellt. Sie hätte sie auch persönlich ansprechen können, ihr doch zu helfen, aber sie macht es vorwurfsvoll in aller Öffentlichkeit. Da sieht sich Jesus herausgefordert zu sagen: „Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.“
„Sie hat den guten Teil gewählt!“ Was wäre für uns heute der gute Teil? Es steht sicher außer Frage, dass zu unserem Leben sowohl das Lernen als auch das Hinhören und Handeln gehört, aber beide Haltungen bedürfen einer Reflexion.

Viele unsere Kinder können heute nicht mehr hinhören. Sie sind zu abgelenkt, sodass die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit sehr gelitten hat. Auf der anderen Seite gibt es den blinden Aktivismus, der handelt, ohne Hintergrund und Zielvorrichtung zu beachten.
Was aber ist für uns heute der gute Teil? Ein Aphorismus von Eugen Roth lautet:
„Ein Mensch nimmt guten Glaubens an. Er hab´ das Äußerste getan.
Doch leider Gott´s vergisst er nun, auch noch das Innerste zu tun.“

Wir sind in unserer konkreten kirchlichen Situation mit dem Wandel der Pastoralstrukturen in der Gefährdung das Innerste zu vergessen. Wir tun vieles, planen, haben ganze Stabsstellen in den Bischofsämtern geschaffen, zentralisieren die Verwaltungen, stellen Schutz- und Pastoralpläne auf und müssen uns nun fragen: Bleibt da noch Zeit und Kraft für das Innerste? Wenn nicht, so geht alles letztlich mit Volldampf im Leerlauf.

Für uns heute wäre tatsächlich der gute Teil, der Teil der Maria. Alle Aktivität, soll sie heilende Kraft ausstrahlen, will in der Quelle verortet sein. Es geht um ein Handeln, das es nicht nötig hat, nach außen die anderen, die Marias bloßzustellen. Es geht um ein Handeln, das aus der Tiefe der Überzeugungen und des Glaubens seine Motivation und seine Kraft und Energie bekommt. Solches Handeln überzeugt und schafft auch nebenbei Gemeinschaft.

Es war Rainer Maria Rilke, der in seinem Stundenbuch festhielt:
„Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte im Wachen:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.

Das ist tiefste Mystik, tiefste Innerlichkeit! Es ist ein Weg so nahe an Gott zu gelangen, dass er an alles Leben verschenkt werden kann.
Darum geht es in dieser Familiengeschichte von Maria und Marta. Während Maria versucht bis an die Grenze des Göttlichen zu gelangen, um dies dann an das Leben verschenken zu können, widmet sich Marta der Aktion, beraubt aber dieser guten Haltung ihren Glanz durch ihre öffentliche Bloßstellung der Maria. Eine Aktivität, die aus der Fülle der Seele heraus handelt, braucht diese Entgleisung nicht.

Wo wir uns wie Rilke bis ans Äußerste in unserem Innersten wagen, da ist Gott dann immer für überraschende Heimsuchungen gut. Das hat Maria, die Mutter Jesu, bei der Verkündigung erfahren, das hat Zachäus, das Evangelium, das unsere Erstkommunionfeiern begleitete, erfahren, als er von Jesus vom Baum herabgerufen wurde. Das haben die Emmausjünger erfahren, als sich plötzlich Jesus dazugesellte und mit ihnen das Brot brach, das haben auch Abraham und Sarah in der Lesung erfahren, als sie in der Mittagssiesta unter Eichen schlummerten und drei Männer vorbeikamen, die dann von ihnen bewirtet wurden. Sie erhielten die Nachricht, dass Sarah noch ein Kind bekommen würde.

Wo Menschen in der Kontemplation bis an die Grenze gehen, da wird Gott als eine Zukunft verheißende Erfahrung wahrgenommen.
Es täte unserer Kirche und uns allen gut, in der Kontemplation bis an diese Grenze zu gehen, um dann den Reichtum der Gotteserfahrung im Handeln an die Menschen verschenken zu können.

Franz Nagler, Pfarrer