GEDANKEN ZU JER 20,10-13 UND MT 10,26-33 IM RAHMEN DES ORTSKIRCHENTAGES

GEDANKEN ZU JER 20,10-13 UND MT 10,26-33 IM RAHMEN DES ORTSKIRCHENTAGES

Die gehörten Lesungen, – sie sind die Lesungen des Tages – , haben zu unserem Motto des ökumenischen Ortskirchentages Wesentliches zu sagen: „Der Zukunft trauen?“

Muss man sich da zunächst nicht fragen – und das in unserer Zeit?
• einer Zeit, mit einem Vernichtungskrieg vor der Haustüre,
• einer Zeit, in der sich eine Protestaktion den Namen „Letzte Generation“ gegeben hat, um deutlich zu machen, dass die Erde keine Zukunft hat, wenn wir weiterhin so verbrecherisch mit der Umwelt umgehen,
• einer Zeit, in der ökonomische Interessen verhindern, dass der Klimakollaps ernsthaft bekämpft wird,
• einer Zeit, in der der Ressourcenverbrauch einiger, den Hungertod vieler mitverursacht.
Da soll man der Zukunft trauen?

In der Lesung bläst Jeremia in dasselbe Horn: „Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Alle warten darauf, dass ich stürze.“ Die Anklage Jeremias gegen die Herrschenden erfuhr damals einen äußerst aggressiven Widerstand von Seiten des Königshauses und der Priesterschaft. Heute würde man ihm Wehrkraftzersetzung vorwerfen, denn er forderte, dass man sich mit der aufsteigenden Großmacht der Babylonier arrangiere und lehnte eine nichts versprechende Koalition mit Ägypten ab. Selbst seine engsten Freunde verließen ihn, nur noch sein Sekretär Baruch blieb bei ihm: „Grauen ringsum!“ Seine Verzweiflung ist nachvollziehbar.
Selbst Jesus rechnet im Evangelium mit Verfolgung und Ermordungen. „Grauen ringsum!“ – und da soll man der Zukunft trauen? Diese Aussage hat zudem keine Zeitangabe. Sie gab es zu allen Zeiten und wird es wohl immer geben. Doch gerade an diesem Tiefpunkt erfahren sowohl Jeremia wie Jesus eine Macht, eine Kraft, die alles wendet.
Unser Motto benennt es in der zweiten Hälfte: „Der Zukunft trauen – Um Gottes Willen.“
Man kann diesen Nachsatz auf zweifache Weise verstehen:
• Um Gottes willen, werdet keine Pessimisten und kämpft für eine gute Zukunft. Oder:
• Weil es Gottes Wille ist, dass Leben gelingt, könnt ihr der Zukunft trauen.
Hier sind wir an einem Punkt angelangt, wo es nicht mehr darum geht, wie düster oder weniger düster die Zukunftsaussichten sind, sondern darum, wovon sich der Mensch in dieser Situation bestimmen lässt. Getreu unserem Motto reicht es nicht, sich allein von Denken und Planen, von Aktionen und Prophezeiungen leiten zu lassen, sondern sich darüber hinaus als religiöse Menschen zu begreifen, denn ein gottloser Kapitalismus, ein gnadenloser Individualismus sind letztlich mitverantwortlich für die derzeitige Situation.

Im Blick auf Glaube und Religion geht es um ein Bewusstsein, sich vom „Unendlichen“ ansprechen und bestimmen zu lassen. Natürlich ist Religion ein Selbstvollzug, ein Gemeinschaftsgeschehen, aber auf der anderen Seite ist „der Unendliche Gott“ etwas Gegebenes, wofür der Mensch seine Sinne öffnen muss. Er gewinnt dadurch inmitten des Grauens einen festen Standpunkt, von dem aus er im Sinne „des Unendlichen Gottes“ dann handeln kann.
So die Kehrtwende in der gehörten Lesung. Zunächst spricht Jeremia von Grauen, um dann zu erfahren: „Der HERR steht mir bei wie ein gewaltiger Held. Darum straucheln meine Verfolger und können nicht überwältigen. Sie werden schmählich zuschanden, da sie nichts erreichen, in ewiger, unvergesslicher Schmach.“
„Um Gottes Willen“ kann er so der Zukunft trauen. „Um Gottes Willen“ können wir so der Zukunft trauen. Dabei wird „der Unendliche Gott“ weniger auf denkerische Art und Weise von uns Menschen erfahren. Eher im Herzen werden wir von Gott berührt. Vor allem in unserer Innerlichkeit werden wir im Glauben von der Nähe Gottes berührt, erschüttert.
Jeremia machte die Erfahrung, dass Gott ihm, trotz allen Grauens, einen festen Halt gibt, so dass er seine negativen Gedanken Gott überlassen kann: „Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen;“
Wir können Gott nicht als eine Sache begreifen. Wir werden ihn nur im Ereignis erfahren. Indem Gott wirkt und wir uns ihm gegenüber öffnen, erfahren wir seine heilende und aufbauende Gegenwart. Gott vollzieht sich dann in uns Menschen und wir werden entschieden für sein Reich auf dieser Erde einstehen.
So kann Jesus im Evangelium sagen: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!“
Dreimal verwendet Jesus in dieser kurzen Perikope den Aufruf: „Fürchtet euch nicht!“ So ermutigend hatte Jeremia Gott erfahren und er konnte mutig seinen Weg weitergehen. Vor demselben Hintergrund handelte Jesus und ließ sich selbst vom Kreuzestod nicht abschrecken.

Wir Menschen sind im Letzten unbehauste Wesen. Nackt kommen wir in die Welt, nackt werden wir sie wieder verlassen. Familie und Freunde, Haus und Habe, Lebensstil und Denken, das alles gibt nur ein zeitliches Zuhause. Aber wir können über den Tellerrand hinausschauen und uns dem Heiligen öffnen und von daher Kraft, Bestimmung und Sinn erfahren.
In diesem Zusammenhang sagt Jesus: „Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.“
Kein anderer als Oscar Romero ist diesen Weg kompromisslos gegangen, denn ein Mittelweg ist nicht golden, wie es das Sprichwort sagt, sondern farblos.
In einer Predigt sagte Romero: „Eine Kirche, die keine Krise bewirkt, ein Evangelium, das nicht erschüttert, ein Wort Gottes, das niemandem unter die Haut geht; was für ein Evangelium ist das? Ein frommes Gedankenspiel, das niemanden beunruhigt … die Leute, die jedes beschwerliche Thema vermeiden, um nicht gestört zu werden, um keine Probleme und Schwierigkeiten zu haben, helfen der Welt nicht, in der sie leben.“
Soweit seine Worte. Insofern kann man heute das Wort Jesu: „Fürchtet euch nicht“ aufnehmen und sagen: „Fürchtet euch nicht vor denen, die nur den Leib töten können.“ Aber fürchtet euch vor einem Leben, das gar kein Leben ist, weil es unterhalb eurer Berufung, weil es unter euren Möglichkeiten bleibt.

Bei aller Bedrängnis steht gegen alle Furcht des Menschen vor seinen Mitmenschen, vor allen düsteren Aussichten, die Gottesfurcht. Gottesfurcht verstanden als Aufhebung der Furcht vor Gott in einem Halt gebenden Vertrauen in seine Wegbegleitung.

Der Zukunft trauen – Um Gottes willen! Wir können, müssen vielleicht den Satz auch umdrehen: Um Gottes willen, vertraut der Zukunft, denn Gott lebt sie mit uns. Seine Lebensfantasie, seine Weltanschauung ist Leben. In diesem Sinne gehen wir in die kommende Woche mit dem Zuspruch Jesu: „Bei euch sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.“

Franz Nagler, Pfarrer

Geworden bin ich

Geworden bin ich

Geworden bin ich
durch deine Liebe,
mit der du mich
geschaffen hast.

Gewachsen bin ich
durch alles hindurch,
auch den Schmerz,
den du mir nicht erspart hast.

Gerufen bin ich
bei meinem Namen,
den du geschrieben hast
in die Fläche deiner Hand.

Gehalten bin ich
von deiner Treue,
die du mir bewahrt hast
durch all die Jahre.

Geführt bin ich
von deiner Vorsehung,
die mich begleitet hat
auch in der Gefahr.

Gesegnet bin ich
mit deiner Gnade,
die du mir schenkst
mein Leben lang.

Paul Weismantel, Domvikar Bistum Würzburg

Es zählt nicht in der Welt

Es zählt nicht in der Welt

Es zählt nicht in der Welt, kleiner Chinese,
Dessen Namen ich nicht einmal aussprechen kann,
Und dessen Angesicht mir fremd ist und unbekannt,
Er zählt nicht in der Welt, dein Tod…

Doch fallen fühl ich dich, als fiel ich selbst,
Und nach dem Herzen, wo der kalte Stahl
Deinem Blut den Ausweg schnitt,
Hingreifen vier, hingreifen dein und meine Hände…

Dass Schanghai brennt und lodert,
Und deine Frau stirbt, und dein Kind stirbt,
Und eine zweite Bombe dir den Leib zerfetzt,
Es zählt nicht in der Welt, kleiner Chinese…

Doch in dem Lodern und Brennen von Schanghai
Brennt und lodert das Dorf, in dem ich wohne,
Und stirbt meine Frau und stirbt mein Kind,
Und stürzt mein Haus in Trümmer…
Doch dies alles zählt nicht in der Welt, kleiner Chinese,
Dessen Namen ich nicht einmal aussprechen kann,
Und dessen Angesicht mir fremd ist und unbekannt,
Er zählt nicht in der Welt, dein Tod…

Marnix Van Gavere

GEDANKEN ZUR „WOCHE FÜR DAS LEBEN “ UND APG 2,14.22B-33; JOH 21,1-14

Gedanken zur „Woche für das Leben “ und Apg 2,14.22b-33; Joh 21,1-14

„Sinnsuche zwischen Angst und Perspektive“, so ist die diesjährige „Woche für das Leben“ überschrieben. Dieses Thema ergab sich aus dem Nachdenken darüber, wie vor allem die Generation Z, die durch die Coronapandemie geprägt wurde, ihre Zukunft sieht. Von ihr wurde der Begriff geprägt: „The Great Resignation“, die große Resignation.

  • Mitten in der Pandemie kündigten Menschen in Massen freiwillig ihre Jobs, in Deutschland jeder zehnte, jeder vierte sogar ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben. Der größte Motor dieser Entwicklung war die Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz, mit dem Führungsverhalten, vor allem mit der Work-Life-Balance, der Arbeits-Vergnügens-Balance. Wenn ich ohnehin nicht weiß, was morgen sein wird, warum soll ich dann nicht zumindest heute das machen, was ich wirklich will?

Es ist eine Generation, die im übervollen Supermarkt verhungert. Diese jungen Menschen haben so viel an Möglichkeiten, dass sie nicht wissen, wie und was sie wählen sollen.

  • Es gibt aber auch die anderen jungen Leute, für die der Supermarkt alles andere als voll ist, die am Rande stehen, die keine Perspektiven mehr sehen, die es verlernt haben, sich die Frage zu stellen, was sie wollen.

Während nun bei den einen die äußere Unsicherheit zum Anlass wird, den eigenen Werten und Prioritäten nachzuspüren und nach Wegen zu suchen, fühlen sich andere wie gelähmt, weil sie entweder die Fülle der Möglichkeiten erschlägt oder weil sie den Eindruck haben, von allen Möglichkeiten abgeschnitten zu sein.

  • Wo Menschen, vor allem junge Menschen, sich in solchen Situationen befinden, da herrscht Redebedarf. Hier gilt es, auf die inneren Regungen zu achten und unterscheiden zu lernen, was zu mehr Leben führt. Mehr Leben, das heißt, wo Begeisterung und ein persönliches Angesprochensein spürbar werden, wo die Lust wächst, sich einzusetzen und so etwas wie Berufung erahnbar werden kann.

Hier kann und soll der Glaube eine zentrale Rolle spielen und wo sich Jugendliche auf dieses Feld einlassen, bekommen sie ein festes Standbein in all diesen Auseinandersetzungen.

 

Wenn wir vor diesem Hintergrund das gehörte Evangelium sprechen lassen, lassen sich die Ausgangssituationen durchaus vergleichen.

  • Wir finden hier die Jünger Jesu am See von Galiläa. Einst hatte sie Jesus von dort weggeholt. Sie ließen ihre Netze liegen und folgten ihm. Ein bewegtes Leben wurde es an seiner Seite. Dann die furchtbare Katastrophe in Jerusalem, die Kreuzigung Jesu. Die Jünger kehren an ihre alte Stelle zurück, niedergeschlagen. Zuvor wurden sie von Jesus als Menschenfischer tituliert, jetzt sind sie wieder einfache Fischer. Selbst ihren gewohnten Beruf scheinen sie verlernt zu haben, denn sie fischen nichts, – des nachts, wo der Erfolg eigentlich garantiert ist.

„The Great Resignation“, die große Resignation könnte man auch hier sagen.

  • Selbst als sie an Land kommen und dort einen Fremden vorfinden mit der Frage: „Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen?“ müssen sie mit einem klaren „Nein“ antworten. Die Frage zielte nicht nur auf das Essen, sondern wesentlicher: „Habt ihr nichts Schmackhaftes im Leben? Nichts, was euch Sinn gibt? Wofür sich all die Mühe lohnt? Die Antwort ein glattes „Nein“. Der Frust muss schon tief sitzen, wenn man mit der Antwort nicht einmal ausweicht oder beschönigend antwortet.

In dieser resignativen Situation ergreift nun der Fremde am Ufer als Gesprächspartner das Wort mit einem Ratschlag, der zunächst für erfahrene Fischer kaum einsichtig ist, bei Tage noch einmal hinauszufahren, um zu fischen, denn eine alte Fischerweisheit lässt nur des nachts erfolgreich fischen. Aber so eine afrikanische Weisheit: „Das Wort, das dir weiterhilft, kannst du dir nicht selbst geben.“

  • Das ist jetzt sicher die Stärke der Jünger, dass sie hinhören. Auf der anderen Seite sollen sie das Netz auswerfen, sie sollen umdenken. Das Ergebnis ist überwältigend. Dabei wird ihnen aber eine Brüstung mit dem Erfolg entzogen, indem der Fremde schon ein Essen am Ufer vorbereitet hat, sie einlädt und sie lediglich bittet, etwas vom Fischfang beizusteuern.

Da gehen ihnen die Augen auf und sie erkennen in dieser Situation ihre vorherige Lebeweise mit Jesus wieder. Vor allem der Lieblingsjünger ist schnell bei der Sache. Er hatte am tiefsten die Lebensweise Jesu in sich eindringen lassen. „Es ist der Herr!“ Dieses Wissen nützt jetzt Petrus. Er zieht das Netz an Land und zusammen bilden sie eine neue werdende Gemeinschaft, die sich gegenseitig stärkt und nährt.

  • Nicht anders könnte es gehen mit der Generation Z, bevor sie ratlos und/oder überfordert resigniert. Es wird das Angebot eines Gespräches nötig sein, das ihnen hilft. Es wird die Spiritualität einer gelungenen Gemeinschaft sein, die ihnen hilft, die Talsohle zu durchschreiten. Für junge Menschen, die mit dem Smartphone aufwachsen und es gewohnt sind, buchstäblich rund um die Uhr online zu sein, die gleichzeitig lernen, Musik hören, ein Video anschauen und mit Freunden chatten, sind Gespräche über ihre Probleme oft eine fremde Welt. Dennoch ist es notwendig, ihre inneren Ängste und Hoffnungen wahrzunehmen und im Gespräch derjenige zu sein, der sie ermutigt, ihre Frustrationen und Hoffnungen benennen zu können.

 

Unser Evangelium hat auch noch einen historischen Hintergrund. Es wurde wahrscheinlich in Ephesus geschrieben, einer Stadt mit mehreren Kulturen. Die sieben genannten Jünger stehen für verschiedene Richtungen in der Kirche damals. Die zwei namenlosen Jünger in diesem Evangelium sind als Platzhalter für andere zu verstehen.

» Dadurch, dass sich alle am Feuer treffen,

» im Geiste Jesu Abendmahl, Eucharistie feierten, – dafür steh das Brot;

» dadurch, dass sie um ein Feuer sitzen, – das an die eigenen Schwächen, an den Verrat des Petrus erinnert;

» dadurch, dass trotz der Menge von 153 Fischen, – diese Zahl steht für die damals bekannten Arten von Fischen, also für alle bekannten Nationen, die Netze nicht zerrissen,

ist ein starkes Zeichen der Einheit gesetzt. Es spielte keine Rolle, ob einer wie Petrus ein Draufgänger war, ob einer wie Johannes auf die Liebe setzte, ob einer wie Thomas alles hinterfragte, ob Menschen wie die Donnersöhne, die Söhne des Zebedäus, Jakobus und Johannes nicht zimperlich in der Wahl ihrer Mittel waren, ob einer wie Nathanael, ein aufrechter Israelit war, das Netz zerriss nicht und ermöglichte eine geschwisterliche Kirche.

 

Jesus wird dort nicht erkannt, bis heute, wo wir ihn nicht als Auferstandenen wahrnehmen, sondern als Toten. So erging es den Jüngern, bis es ihnen wie Schuppen von den Augen fiel und sie ihn als Lebenden unter sich begriffen.

„Sinnsuche zwischen Angst und Perspektive“, so das Motto für die „Woche für das Leben“. Wo anders gewinnen wir Sinn, wenn nicht in der Gemeinschaft verschiedenster Möglichkeiten und Anschauungen, die im Geist der Geschwisterlichkeit und gegenseitiger Ermutigung gelebt werden?

 

Franz Nagler, Pfarrer

Der unscheinbare Bruder

Der unscheinbare Bruder

Sechs von sieben Brüdern gingen auf die Arbeit. Der siebte besorgte den Haushalt. Wenn die sechs Brüder müde von der Arbeit nach Hause kamen, fanden sie das Haus geordnet, das Essen bereit und alles in bester Ordnung. Darüber freuten sie sich und lobten den siebten Bruder.
Aber einer der Brüder wollte klüger sein als die anderen. Er nannte den siebten Bruder einen Faulenzer und Tagedieb, der auch mit zur Arbeit gehen und sein Brot verdienen sollte. Dieses böse Wort fand leider bei den anderen Gehör. Sie beschlossen einmütig, dass ihr siebter Bruder nicht länger seines bisherigen Amtes walten sollte. Sie nötigten ihn, auch am frühen Morgen mit auf die Arbeit zu gehen.
Und dann machten die sieben Brüder eine überraschende Erfahrung. Als sie müde und abgespannt am Abend von der Arbeit nach Hause kamen: Kein heller freundlicher Lichtschein winkte ihnen entgegen. Keine fürsorgende Hand hatte das Hauswesen geordnet. Kein Tisch war gedeckt. Kein Bruder stand an der Tür und empfing sie mit einem herzlichen Wort.
Und jetzt erst merkten sie, wie dumm sie gehandelt hatten, als sie ihren siebten Bruder seines stillen Dienstes enthoben hatten. Sie fühlten sich, weil es ihre eigene Schuld war, doppelt elend und verlassen. Dann beschlossen sie, den siebten Bruder wieder in sein Amt einzusetzen.
Das verlorene Glück der sieben Brüder kehrte mit seinem heimlichen Segen zu ihnen zurück. Sie lebten miteinander einträchtig und in Frieden.

(Märchen der Gebrüder Grimm)

 

Gebet des Ortskirchentages

Gebet des Ortskirchentages

Mächtiger Gott,
durch deinen Propheten Jeremia
hast du deinem Volk die Heilsworte zukommen lassen:
„Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben.“ (Jer 29,11)
Um deines Reiches willen suchen wir Zukunft und Hoffnung
und finden uns doch in der Wüste alltäglicher Begrenzungen wieder.
Die Zeichen der Zeit fordern uns als deine heutige Stimme heraus.

Du wirst nicht müde,
deinen Menschen den Sturm der Zeit um die Ohren wehen zu lassen,
der uns herausfordert gewohnte Wege zu verlassen.

Im Vertrauen auf dich, wirkst du unsere Zukunft.
Hoffend leiden wir an der Gegenwart,
leidenschaftlich setzen wir uns für eine Zukunft der Einen Welt ein.

Wo wir miteinander unterwegs sind,
wo wir uns gegenseitig bereichern,
wo wir die Liebe wagen,
wird deine Zukunft und Hoffnung in der Welt lebendig.

Um deines Reiches willen,
vertrauend auf deine wirkmächtige Gegenwart,
schauen wir voller Hoffnung in die Zukunft.
Amen.

„Kirche träumen“

„Kirche träumen“

so lautete der Titel der diesjährigen Bibelwoche zur Apostelgeschichte. Dazu: Apg 27,13-38.44c

Die Apostelgeschichte steht in der Bibel am Scharnier zwischen den Evangelien und den Paulusbriefen. Sie zeichnet den Weg der beginnenden Kirche nach, ein spannender Weg.
• Am Beginn dieser Erzählung verabschiedet sich Jesus durch die Himmelfahrt und die Apostel schauen entgeistert in den Himmel und wissen nicht so recht, was sie jetzt tun sollen? Bis an die Grenzen der Erde sollen sie die Botschaft Jesu tragen, so der Auftrag. Aber wie? Zuversicht, Unverständnis, Zweifel erfasste die Apostel.
• Dann ziehen sie sich in das Obergemach zurück, wo sie mit Jesus das letzte Abendmahl gefeiert hatten, beladen mit dieser Bürde, zurückgelassen worden zu sein.
• Dann ein erster Schritt: Sie wählen einen Nachfolger für Judas. Die Wahl, – das Los fiel auf Matthias. Sie rappeln sich auf, um in die Zukunft zu schauen. Das Grab des Matthias ist übrigens in Trier.
• Die überraschende Wende ereignete sich an Pfingsten, dem jüdischen Erntedankfest, dem Fest der Tora. Der Geist Jesu ergreift sie und katapultiert sie in die Öffentlichkeit. Petrus ergreift das Wort und spricht voll Selbstbewusstsein von Jesus, vom Verbrechen an Jesus und dass ihn Gott von den Toten erweckte. Es muss für die Zuhörer unglaublich gewesen sein, zu hören, dass der grausame Verbrechertod Jesu die Initiation für einen neuen Weg werden sollte.
• Gleich dreitausend Menschen ließen sich nach dieser Rede des Petrus taufen. Sie waren mitten ins Herz getroffen.
• Es bilden sich eine, mehrere Gemeinschaften, die an der Lehre der Apostel festhielten, die das Brot Jesu miteinander teilten, die alles teilten, so dass keiner Not litt. Sie versammelten sich einmütig im Tempel und waren beim ganzen Volk beliebt. Sie hatten viel bekommen, jetzt trugen sie viel dazu bei, dass diese Fülle weitergegeben wurde.
• Gold und Silber hatten die Apostel nicht, aber Mitmenschlichkeit, Zuwendung zu den Gebrechlichen und die Erfahrung, dass gelebtes Reich Gottes möglich ist. Wie wir in einem Lied heute singen, das war ihre Anfangserfahrung: Bettler und Lahme sahen wir beim Tanz, hörten wie Stumme sprachen.
• Natürlich fehlten Verhaftungen nicht. Ihre Verteidigung war immer dieselbe: Jesus ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde. Er wurde zum Eckstein.
Ihnen wurde verboten, weiter von Jesus zu sprechen. Die Antwort: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.“ Keine Frage: der Geist Jesu wirkte mächtig in ihnen. Es geschahen Zeichen und Wunder.
• Als sie wieder angegriffen wurden, die Verteidigungsrede Petri: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (5,29) Weder Lob noch Furcht konnte die Apostel aufhalten.
• Es wurden sieben Diakone gewählt, unter ihnen Stephanus, der erste Märtyrer des neuen Weges, wie die Christen zunächst genannt wurden. Die nun einsetzende Verfolgung wurde dann zum Samen der neuen Bewegung. Das Wort Jesu gelangte nach Judäa und Samarien. Petrus taufte als Erster sogenannte Heiden. In Antiochien wurden die Anhänger des neuen Weges zum ersten Mal Christen genannt. Die Grenze der jüdischen Religion wurde überschritten.
• Dann das Damaskuserlebnis des Paulus: Vom rasenden Verfolger zum glühenden Bekenner Jesu.
• Es herrschte bald dicke Luft in der wachsenden Bewegung. Darf die Botschaft Jesu auch Unbeschnittenen verkündet werden? Müssen nicht zuerst alle Juden durch Beschneidung werden? Man raufte sich auf dem sogenannten Apostelkonzil zusammen. Das Bekenntnis zu Jesus Christus genügt, nur sollte man gewisse Bräuche beachten und nicht alle vor den Kopf stoßen.
• Unterdessen zieht es Paulus mit seiner neu gewonnenen Erfahrung, dass Jesus der Messias ist, in die Welt hinaus. Drei Missionsreisen sind bekannt. Er gründete viele Gemeinden, hält Kommunikation mit ihnen, schreibt Briefe, erleidet Gefahren, aber blieb unermüdlich auf dem Weg.
Ein Mazedonier lockt ihn nach Europa, die Purpurhändlerin Lydia empfängt ihn. Sein Credo: „Der Mensch findet nicht Rettung durch die Einhaltung von Gesetzen, sondern durch sein Vertrauen in Gott, durch seinen Glauben.“
Sein Weg wie die Apostelgeschichte endet in Rom, bzw. mit einem offenen Ende: „Er blieb zwei volle Jahre in seiner Mietwohnung und empfing alle, die zu ihm kamen. Er verkündete das Reich Gottes und lehrte über Jesus Christus, den Herrn – mit allem Freimut, ungehindert.“ (28,30f.)

Die Apostelgeschichte ist und bleibt die spannende Ursprungsgeschichte unserer Kirche mit dem offenen Ende, dass wir die Geschichte Jesu weiterführen sollen.
Die Lesung, die wir gehört haben, stammt aus dem vorletzten Kapitel der Apostelgeschichte. Paulus ist als Gefangener auf dem Weg nach Rom. Die Bilder, mit denen dieser Bericht arbeitet, kann fast eins zu eins auf unsere heutige Situation übertragen werden. Paulus befindet sich auf einem Schiff. Ein gewaltiger Orkan droht das Schiff zu kentern, das Ende ist in Sicht. Da das Schiff von der herrschenden Strömung mitgerissen wurde, gab die Mannschaft auf und ließ sich treiben. Immerhin wurde etwas der kostbaren Ladung über Bord geworfen, aber es zeigte sich weder Sonne noch Sterne, sodass jede Hoffnung schwand.

Sieht nicht mancher heute auch das Schiff der Kirche, der Kirchen so? Zahlen, Daten, Fakten, tendenziöse Presseartikel, wenn man die Sicht auf Deutschland beschränkt, sprechen eine solche Sprache.
In unserem Bericht steht Paulus auf und spricht der Besatzung Mut zu. Er gründet die Kraft seiner Worte in einer Anrede durch Gott, dass sie gerettet sind und werden. Natürlich versuchen sich einige auf eigene Faust gegen die Anderen zu retten. Paulus widersteht dem, alle oder niemand. Sie kräftigen sich durch ein Mahl, aber werfen das übrige Getreide ins Meer. Jetzt gibt es nur noch ein „nach vorne“; – und alle kamen an Land und wurden gerettet.
Welch ein Bild: Ein Einzelner hatte den Mut hinzustehen und benannte auch die Wurzel seines Verhaltens. Muss man dies nicht all den Wankelmütigen in den eigenen Reihen zurufen? Dann handelte Paulus solidarisch, empathisch und stellt sich in den Dienst der Mannschaft. Muss nicht auch dies all den Individualisten oder auch Egoisten unter uns gesagt werden?
Das Handeln von Paulus wurzelt in seiner lebendigen Gottesbeziehung. Wohl erst aus ähnlichen Erfahrungen werden auch wir heute fähig, Ballast abzuwerfen, um aus authentischen Gotteserfahrungen heraus, die Geschichte der Botschaft Jesu, als seine Kirche, weiterzuführen.

Franz Nagler, Pfarrer

Gebet der ökumenischen Friedensdekade

Gebet der ökumenischen Friedensdekade

Friedliebender Gott,
wir haben uns hier versammelt,
während in einigen Ländern dieser Erde Bomben fallen
und Menschen sterben.
Das macht uns fassungslos.
Worte fehlen.
Unsere Kraft ist zu klein.
Wir fühlen uns hilflos, wütend und ohnmächtig.
Darum sind wir hier:
Gemeinsam treten wir vor dich, Gott.
Was uns Angst macht,
das bringen wir zu dir.
Sieh, was uns bewegt,
sieh unsere Sorgen.
Gegen all die Gewalt, die Not,
Gott, sei du uns Zuversicht und Stärke.
Lass unter uns den Zusammen: Halt gegen alles Trennende wachsen,
damit wir zurecht als deine Kinder eine Weltgemeinschaft
bilden können.
So bitten wir im Namen Jesu Christi,
der uns Bruder und Herr geworden ist.
Amen.

Im Anfang – Du

Im Anfang – Du

Im Anfang
bist du
ewiges, verborgenes Geheimnis
schöpferisch Liebende
in deiner Sehnsucht
deinem Wort
Ich will, dass du bist
Im Anfang
bin ich
gewollt und geliebt
geschaffen in der Erde Tiefe
beatmet von deiner Zärtlichkeit
Staunenswert
Du
in deinem beständigen Wirken
aus Liebe
in den vielfältigen Spuren
deiner Schöpfung
und Ich – dein Ebenbild

hineingesetzt
in deine Welt, in das Leben
beschenkt und begabt
mit Augen, damit sie wahrnehmen
die Schönheit der Schöpfung
und ihre Verletzlichkeit
mit Ohren, damit sie hören
die stille Hoffnung
und die Not der Geschöpfe
mit einem Herzen, damit ich fühle
dein schweigendes Dasein
und das Leben,
das gestaltet werden will
durch mein Mit-wirken
in Verantwortung und Solidarität
Im Anfang – Du
in der Sehnsucht deiner Liebe
in Allem

(Inspiriert vom Hungertuch zu Genesis 2,7-9)

Gedanken zu Mt 2,1-12

Gedanken zu Mt 2,1-12

Sie kennen die Sprüche aus unserer Zeit: „Der Weg ist das Ziel“, dieser Spruch wird zwar auf Konfuzius zurückgeführt, aber dort lautet er etwas anders. Konfuzius sagte: „Der Gelehrte richtet seinen Willen auf den Weg.“ Damit ist nicht der Weg als das Ziel gemeint, sondern, dass man auf seinen Weg, hin auf das Ziel, achten soll und das war für Konfuzius ein Leben nach den Idealen der Ethik, Tugend und Treue. Dies wird bei der Bedeutung des heutigen Festes eine Rolle spielen, denn um ihr Ziel zu erreichen, mussten die Sterndeuter gut auf ihren Weg achten, wenn er nicht im Palast des Herodes enden und sein Ziel verfehlen sollte. Das andere Sprichwort unserer Tage heißt: „Neue Wege entstehen beim Gehen.“
Bei beiden so beliebten Sprüchen: „Der Weg ist das Ziel“ wie „Neue Wege entstehen beim Gehen“ fällt auf, dass sie buchstäblich das Ziel aus den Augen verloren haben. Dies ist typisch für die Verlorenheit unserer Zeit. Wenn es kein Ziel mehr zu erreichen gibt, versucht man pragmatisch alles auf dem Weg, losgelöst von Ethik und Tugend zu lösen, um dann buchstäblich irgendwann unter die Räder zu kommen, weil der Sinn und die Tiefe in allem verloren gegangen ist. Alles, was keinen Nutzen bringt, wird plötzlich zu einem Übel, das beseitigt werden muss.

Dem heutigen Fest liegt eine völlig andere Grundhaltung zugrunde. Die Sterndeuter haben ein klares Ziel, das sie erreichen wollen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“
Um dieses Ziel zu erreichen, machten sie sich auf ungewohnte Wege. Sie kannten weder den Ort, wo sie suchen, noch was sie genau finden würden. Aber der Antrieb in ihnen muss wohl sehr mächtig gewesen sein, dass sie sich auf solch ungewissen Weg einließen. Nelly Sachs trifft in ihrem Gedicht: Sehnsucht, den Kern:

„Alles beginnt mit der Sehnsucht,
immer ist im Herzen Raum für mehr,
für Schöneres, für Größeres.
Das ist des Menschen Größe und Not:
Sehnsucht nach Stille,
nach Freundschaft und Liebe.
Und wo Sehnsucht sich erfüllt,
dort bricht sie noch stärker auf.
Fing nicht auch Deine Menschwerdung,
Gott, mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,
Dich zu suchen, und lass sie damit enden,
Dich gefunden zu haben.“

Dies beschreibt sehr gut die Motivation der Sterndeuter. Die Lesung beschrieb die Situation in den Ländern so: „Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht strahlend der HERR auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Nationen wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz.“

Dieser Vision scheinen die Sterndeuter gefolgt zu sein. Denn, wer sitzen bleibt, wenn eine Sehnsucht ihn lockt, wird niemals finden. Wer aber der Sehnsucht seines Herzens folgt, der findet, der kann aber bald auch in gewaltige Auseinandersetzungen kommen, wie den Sterndeutern dann auch geschehen.

Das Erstaunliche bleibt dennoch die Fokussierung auf Jerusalem, bzw. auf Betlehem. Warum nicht Rom oder ein anderes bedeutendes Land oder eine andere bedeutende Stadt? Die Römer, die Griechen, die Perser – alle hatten einen reich ausgeschmückten Götterhimmel. Warum gerade die Fokussierung auf das jüdische Volk und speziell auf Jesus?
Die Antwort liegt wohl in der Auserwählung des jüdischen Volkes durch Gott Jahwe, diese innige Beziehung, die durch den Bund mit Jahwe bestand sowie die Bezeichnung von Jesus als dem Messias, als dem von Gott Erwählten und Gesalbten. Es war das Ziel der Sterndeuter, diesen Messias zu finden.
Der Weg führte sie natürlich zunächst zur Hauptstadt nach Jerusalem und zu Herodes. Doch ihr Erstaunen war groß, als sie sahen, dass ihre Sehnsucht nicht geteilt wurde. Im Gegenteil, ein großer Schrecken erfasste den Machtapparat des Herodes. Auch die Schriftgelehrten unterstellten sich dem Machtapparat des Herodes, – hatten wohl ihre Sehnsucht im Herzen schon lange abgetötet. So interpretierten sie die Schrift zwar richtig: „Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel“, aber sie zogen keine Konsequenzen daraus, bzw. stellten ihr Wissen einem Tyrannen zur Verfügung.
Herodes schlüpfte nun in die Rolle des Frömmelnden und später in die Rolle des Zornigen, der ihn zum Kindermörder werden ließ.
Die Sterndeuter fielen nun nicht in die Falle, dass der Weg das Ziel wäre, oder dass neue Wege beim Gehen entstünden, sie hielten am Ziel ihrer Sehnsucht, am Stern ihrer Sehnsucht fest und zogen weiter. Sie erlagen nicht der vermeintlichen Ehre, am königlichen Hof geehrt werden zu wollen. Sie fanden das Ziel ihrer Sehnsucht in dem Kind im Stall und huldigten ihm. Die innere Resonanz: große Freude, die Konsequenz: Hingabe! „Sie fielen nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.“

Gold, Weihrauch und Myrrhe, erstaunliche Gaben, die aber deutlich machen, worin die Sterndeuter die Erfüllung ihrer Sehnsucht sahen. Sie waren nicht blauäugig unterwegs. Die Gaben schließen eine Suche nach Macht und Reichtum aus. Deswegen durchschauten sie auch die List des Herodes.
Gold steht für die königliche Würde des Menschen, Weihrauch für seine Gottesbeziehung, Myrrhe für die Sterblichkeit. Mit diesen Gaben legten sie ein Bekenntnis zu einem Gott ab, der nicht in Tempeln und Götterbildern geehrt wird, sondern vor einem menschgewordenen Gott, in einem erbärmlichen Stall geboren, einem Menschen mit einer Gottesbeziehung, die enger nicht sein konnte und letztlich einem Gott, der am Kreuz starb, weil er sich zuinnerst mit dem Leiden der Menschen solidarisierte. In „dem Gefunden haben“ so eines Gottes sahen sie sich am Ziel ihrer Sehnsucht, ihrer Gottessuche. Die Begegnung hat sie dann verändert. Obwohl sie als Sterndeuter mit Zahlen und Berechnungen umgehen konnten, hörten sie auf einen Traum, sahen die Wirklichkeit des menschlichen Lebens hinter den Zahlen und kehrten auf einem anderen Weg heim in ihr Land. Aus Suchenden wurden Gefundene. Ihre alten Ängste und vermeintlichen Verbindlichkeiten hatten ihre Macht, ihre Wege zu bestimmen, verloren.

Nelly Sachs hatte recht mit ihrer Frage und ihren Worten:

Fing nicht auch Deine Menschwerdung,
Gott, mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,
Dich zu suchen, und lass sie damit enden,
Dich gefunden zu haben.

Dies gelang den Sterndeutern. Wie sieht dies bei uns aus? Als Stern, der uns vorangeht, haben wir das Evangelium, die ganze Heilige Schrift.
Franz Nagler, Pfarrer