Gedanken zu Jes 25,6-10a und Mt 22,1-14

Papst Franziskus schrieb in seinem Schreiben „Evangelii gaudium, die Freude des Evangeliums“ und wiederholte dies in seinem Schreiben „Amoris Laetitia, Freude der Liebe“: „Gleichermaßen betone ich, dass die Eucharistie nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen ist“ (EG 47; AL 305-Fußnote).
Diesen Satz können wir heute gut auf die Lesungen anwenden, denn beide Male geht es um ein Fest. Im Evangelium scheitert das Fest zunächst an denen, die meinen, die Regeln vorgeben zu können.
Wie ist dieses schwierige Evangelium zu verstehen? Jesus rechnet hier mit seinen Kritikern ab. Es geht dabei um ein Gottesbild, das die Hohepriester und Ältesten des Volkes dem Volk vermittelten. Dabei steht zumeist hinter dieser Vermittlung nicht eine Gotteserfahrung, sondern eine Absicherung der eigenen Macht. Und so beginnt unser Gleichnis: „Jesus erzählte den Hohepriestern und Pharisäern ein Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete.“ Dann wird erzählt, wie der König seine Diener ausschickt, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit zu rufen. Diese aber wollten aus verschiedenen Gründen nicht kommen, einige misshandelten sogar die Diener. Die Reaktion darauf war brutal: „Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen.“

Die Erzählung kippt hier völlig ins Irreale und das hat seinen Grund. Natürlich wird hier an die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n.Chr. erinnert, aber es ging in erster Linie nicht darum. So sahen die Hohepriester, Ältesten und Pharisäer Gott als eine Instanz, die reagiert, wenn jemand die Gesetze nicht einhielt, eine Instanz die postwendend bestraft. Diese Anschauung benötigten die Hohepriester und Pharisäer, um ihre Macht aufrechterhalten zu können, ein Mechanismus, den unsere Kirchen weiter gepflegt hatten, wenn sie Menschen aus der Kirche ausschlossen oder noch ausschließen. Getreu diesem Bild reagierte der König hier äußerst aggressiv und gewalttätig. Vom Sohn des Königs, dem Hochzeiter und seiner Braut ist dabei überhaupt nicht mehr die Rede.

Gegen dieses Gottesbild rebelliert Jesus und zeichnet ein Kontrastbild. „Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet. Geht an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein! Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.“
Wo vorher gähnende Leere war, herrscht jetzt Gedränge. Das Fest kann beginnen, der Saal ist gefüllt. Auffallend ist noch, dass Böse und Gute zu diesem Fest eingeladen werden. Die Bösen werden in dieser Aufzählung sogar als Erste genannt und die Guten waren immerhin nicht so gut, als dass sie zum Kreis der Ersteingeladenen gezählt hätten. Auch das Wort „Böse“ ist hier kaum als eine moralische Kategorie zu verstehen, eher als Bezeichnung einer Gruppe von sozial Gestrandeten, Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden.
Das Fest konnte so stattfinden. Jesus Kritik am Gottesbild der Pharisäer und Hohepriester ist schneidend: Das Bild, das ihr von Gott zeichnet ist nicht nur falsch, sondern knechtet und tötet Menschen. Gott lädt zum Fest des Lebens ein, das ist ein Gottesbild, das Gott entspricht. Damit dieses Fest gelingt, muss Gott so verstanden werden, dass er immer ein auf die Straße und Kreuzungen Gehender ist, um einzuladen. Allerdings erwartet er von den Eingeladenen dann auch, dass sie sich öffnen, in diesem Sinne ein Festgewand anziehen. Im Gleichnis wird aber auch dieser, der ohne Hochzeitsgewand gekommen ist, als Freund angesprochen, da er aber schweigt, wird er das Fest nicht erleben können. „Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hereingekommen? Der aber blieb stumm.“ Von uns wird heute dagegen eine Antwort erwartet.

Das Fest des Lebens ist auch das Thema der Lesung. Die Hülle über dem Rätsel des Lebens wird gelüftet. Für alle Völker ist ein Festmahl vorbereitet. Selbst der Tod hat seinen Schrecken verloren. Gott wird als so nahe erfahren, dass er Tränen trocknet und Schande behebt. „An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der HERR, auf ihn haben wir gehofft. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat.“
Mit diesem Bild konfrontiert Jesus seine Gegner. Dabei betont Jesus nicht einmal in erster Linie das Fest, sondern die Haltung der Einladung: Gott der Einladende zum Fest.
Es ist für uns eine der großen Herausforderungen, unser Gottesbild, unsere Gotteserfahrung zu hinterfragen. Spüren wir so etwas, wie dass Gott mich, uns einlädt, immer wieder einlädt, einlädt zum Leben, einlädt zum Fest des Lebens? Können wir problemlos annehmen, dass jeder Mensch eingeladen ist, Böse und Gute, und dass allein die Haltung zählt, ob wir diese Einladung annehmen oder nicht? Wenn wir uns als von Gott Eingeladene hier in dieser Eucharistiefeier verstehen, wird unsere Haltung eine andere sein, als wenn wir nur mit den üblichen Vorurteilen und Urteilen hier sind.

Der Philosoph Josef Piper schrieb über die Phänomenologie des Festes: „Ein Fest feiern heißt: die immer schon und alle Tage vollzogene Gutheißung der Welt aus besonderem Anlass auf unalltägliche Weise begehen.“ Eine sehr treffende Bezeichnung, denn wenn wir Feste absagen, hat dies selten mit gravierenden Terminproblemen zu tun, bzw. diese werden – wie in dem Gleichnis – meist vorgeschoben. Wenn wir das Fest des Gottesdienstes nicht feiern, hat das selten etwas mit Terminproblemen oder Familienproblemen zu tun.
Wir können Feste nur feiern, wenn wir insgesamt die Welt gutheißen. Natürlich können wir auch beladen oder mit Kummer an einem Fest, an einem Gottesdienst teilnehmen, dann besteht aber auch oft die Chance, dass uns das Fest, der Gottesdienst aufbaut und uns anders wieder in den Alltag zurückkehren lässt.

Das Fest, das Gott bezeichnet, dass er für uns bereitet hat, ist etwas, was wir nicht schaffen, vorbereiten müssen. Es ist das Ziel auf das wir zusteuern. Darin ist die Haltung der Gutheißung des Lebens begründet, selbst wenn uns das Leben tausend Gründe anbietet, es nicht gutheißen zu können.

In unserer Gesellschaft, in der vieles auf Leistung, Organisation, Werbung, Individualität getrimmt ist, in der über alle Medien für Veranstaltungen geworben wird und geworben werden muss, täte es gut, tut es gut, diese Haltung der Gutheißung des Lebens zu leben und so eine leibhaftige Einladung zum Fest des Lebens zu werden. (F.N.)